Vor der Abreise wurde ich oft davor gewarnt, dass es in der Weihnachtszeit am schwersten sein kann, nicht bei seinen
Freunden und der Familie zu sein. Also ging ich nicht nur mit Vorfreude in den Dezember, doch viel Zeit für Heimweh blieb kaum Zeit, denn es war viel los.
Bei der Arbeit fanden wieder die monatlichen Treffen mit den Community Volunteers des Projekts statt, nachdem sie wegen einer Verzögerung der Projektgelder pausieren mussten. Doch anstatt zwei
große Treffen in der Stadt zu machen, teilten unsere Kollegen und wir uns in kleine Teams auf und fuhren in die einzelnen Stadtbezirke und umliegenden Dörfer um dort viele kleinere Treffen
abzuhalten. Ich mag es sehr bei solchen Touren mehr und mehr von Dodoma und Umgebung kennenzulernen. Außerdem waren Fieke und ich mit der Planung eines ganz besonderen Projekts beschäftigt. Denn
die DTP stellt allen Freiwilligen während des Jahres eine Summe bereit, um gemeinsam mit der Aufnahme-Organisation ein Kleinprojekt zu verwirklichen, von dem wir Ende Dezember den ersten
Planungsentwurf einreichen sollten. Bei einem Treffen mit unserer Chefin Pendo und einer Kollegin einigten wir uns darauf, ein Umweltprojekt an ländlichen Schulen zu machen, in dessen Rahmen wir
mit den Schülern Bäume pflanzen und mit kleinen Solarpanels experimentieren wollen und am Ende noch kleine Solarlampen verteilen. Pendo will sich nämlich dafür einsetzen, dass Sharing Worlds, das
ja bisher ausschließlich im Sozialbereich tätig war, sich in Zukunft auch für Umweltschutz engagiert, was ja ein Schwerpunkt der DTP ist. Ziel des Projekts ist, das Umweltbewusstsein der Schüler
und ihrer Familien zu stärken. Um unsere Projektidee auszubauen, trafen wir uns mit verschiedenen Organisationen, die mögliche Partner in Bestandteilen des Projekts sind, recherchierten viel und
schrieben schlussendlich die erste Skizze unserer Project Proposal.
Zuhause sorgte ich für den ersten Hauch von Weihnachtsstimmung, als ich Ende November einen Adventskalender aus mit Süßigkeiten gefüllten Servierten für meinen kleinen Gastbruder Philemon
bastelte. Jeden Tag naschen fand er natürlich super, und auch dem Rest der Familie gefiel diese deutsche Vorweihnachtstradition. Das morgendliche Öffnen des nächsten Säckchens wurde eine schöne
tägliche Routine. Unser Haus füllte sich über den Dezember hinweg mehr und mehr. Als erste trudelten Lulu und Mercy, Enkelinnen meiner Gastoma Bibi, ein. Sie gehen an Internate und leben in den
Ferien bei Bibi. Die längsten Ferien dauern hier, wie in Deutschland, etwa sechs Wochen und liegen im Dezember und Januar. Die beiden brachten gleich viel Leben und gute Laune ins Haus und öfters
kochten wir zusammen. Am zweiten Advent war dann auf einmal richtig Full House, denn eine große Familienfeier stand an: Atu, eine Cousine, die auch bei uns gewohnt hat, wurde konfirmiert. Während
wir einen langen Vormittag in der Kirche inklusive drei Taufen, Konfirmation und Abendmahl verbrachten, wurde zuhause ein großes Festessen gekocht, das wir danach genießen konnten. Im Wohnzimmer
wurden kleine Reden gehalten, Geschenke übergeben und getanzt. Am selben Tag regnete es auch das erste Mal in meiner Zeit hier in Dodoma – nach vier Monaten! Dieser erste Regen läutete die lang
erwartete Regenzeit ein und bald spross und grünte es überall im sonst so trockenen Dodoma. Einige Pfützen auf der Straße wurden sogar bleibende Seen und machen den Heimweg zum Abenteuer. Der
Regen und der dadurch folgende leichte Temperaturfall sorgten trotzdem nicht so richtig dafür, dass Weihnachtsstimmung aufkam. Ab und zu lief mal ein Weihnachtssong im Radio und in der Innenstadt
wurden ein paar Plastikweihnachtsbäume verkauft, aber mit der geschäftigen und sich nur um das große Fest drehenden Vorweihnachtszeit in Deutschland konnte man es nicht vergleichen.
Kurz vor Weihnachten kam unsere Freundin Celine zu Besuch, die das Jahr über in Dar es Salaam wohnt. Fieke und ihr gaben
ihr eine kleine Dodoma-Tour und am 24.12 gingen wir lecker italienisch essen und besichtigten die Gaddafi Moschee, was man am Heiligabend halt so macht
:). Die Gaddafi Moschee in Dodoma
ist die zweitgrößte Moschee Ostafrikas, sieht aus wie ein blassrosa Traum aus 1001 Nacht und ja, sie wurde vom ehemaligen lybischen Diktator gestiftet. Am nächsten Tag wurde dann richtig
Weihnachten mit der Familie gefeiert. Fünf der Sieben Töchter meiner Gastoma reisten mit ihren Familien an und so hatten wir mal wieder ein volles Haus. Nach einem erneuten langen Kirchbesuch in
der mit lauter blinkenden Lichterketten und Plastiktannenbäumen geschmückten Kirche kochten alle Frauen gemeinsam das Weihnachtsessen. Mir wurde gezeigt wie man Pilau, einen Gewürzreis, kocht und
es wurden einige Hühner geschlachtet, aber da war ich dann zum Glück nicht dabei. Nach dem Essen wurde noch viel getanzt, geschnackt und Fotos geknipst.
Weil alles so aufregend und anders war, kam das prophezeite Heimweh kaum auf. Ich habe diese besondere Advents- und Weihnachtszeit wirklich sehr genossen und freue mich trotzdem schon darauf, sie
nächstes Jahr wieder vertraut mit meiner Familie zu verbringen.
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