Ankommen- der erste Monat in Dodoma

Am letzten Tag unserer Einführungswoche haben wir ja unsere Chefin Pendo kennengelernt. Sie machte von Anfang an einen sehr netten Eindruck und hat uns viel über unsere Aufnahmeorganisation Sharing Worlds Tanzania (SWT) erzählt. Am nächsten Tag machten wir uns mit dem Bus auf dem Weg nach Dodoma. Die Fahrt mit dem schicken Reisebus dauerte ungefähr acht Stunden, währenddessen man gut mit asiatischen Actionfilmen und Bongo Flava Musikvideos, das ist tansanischer Hip-Hop, unterhalten wurde. Die nächsten zwei Nächte waren wir bei Pendo Zuhause zu Gast. Sie und ihre Familie waren super nett und es war besonders unsere Chefin auch so privat kennenzulernen.


Sonntag holte mich dann Christina, eine der sieben (!) Töchter der Großmutter, bei der ich das Jahr über wohnen würde, ab. Ich war so aufgeregt und nervös, dass ich während der gesamten Autofahrt kaum meinen Mund aufbekam. Die Ankunft bei meiner Gastfamilie war für mich dann erst einmal ein Schock. Christina, die Englisch sprechen kann, war bald schon wieder weg und ich mit meiner Gastoma „Bibi“, die zwar sehr nett ist, aber kein Wort Englisch spricht, allein. Mein Zimmer glich noch eher einer Baustelle. Besonders Sorge bereitete mir die fehlende Tür und Vorrichtung mein Mückennetz aufzuhängen und ich hatte zwar tollerweise mein eigenes Bad mit Hockklo, dafür aber weder fließend Wasser noch einen Eimer um zu spülen. Während ich also etwas ratlos auf dem Bett saß und Kiswahili lernte, kam ein Handwerker („Fundi“), der eine Tür, Vorhänge und eine Mückennetz-Aufhäng-Vorrichtung anbrachte. Und nicht genug mit meinem Glück: im Laufe des Tages kam auch noch Glory, die jüngste Tochter von Bibi, die mir sämtliches Badzubehör, inklusive Eimer, brachte und mit der ich mich auf einem Spaziergang unterhalten konnte. Sie half mir das Mückennetz anzubringen unter dem ich am Ende des Tages ziemlich erschöpft lag - in einem Zimmer mit Tür und Vorhängen. So endete der Tag sehr viel besser, als ich es mir wenige Stunden zuvor hätte vorstellen können.

 

Am nächsten Tag ging es aufregend weiter, denn der erste Arbeitstag stand an. Glory begleitete mich die gesamte erste Woche bis zur Arbeit, damit ich mir den Weg mit den richtigen Dalas einprägen konnte. Fieke lebt glücklicherweise im selben Viertel und nur zwei Dala-Stationen weiter wie ich. Bei der Arbeit wurden wir dem Team von ungefähr 17 Personen vorgestellt und Pendo erklärte uns, dass wir die erste Woche erst einmal zur Orientierung nutzen würden. In den nächsten Tagen lernten wir viel über SWT und seine aktuellen Projekte. Zum einen gibt es Kizazi Kipya („neue Generation“), ein großes Gesundheitsprojekt zur Unterstützung von durch HIV/Aids betroffene Familien und insbesondere deren Kindern. Zum anderen gibt es ein kleineres Projekt namens Hakika („Sicherheit“), das Kleinbauern beim Vertrieb ihrer Waren, hauptsächlich Sonnenblumen, unterstützt. Außerdem konnten wir schon bei Meetings der Freiwilligen, sogenannten Community Case Workers (CCWs), die für Kizazi Kipya direkt zu den Familien gehen und sie beratend unterstützen, dabei sein. Am ersten Wochenende gingen Fieke und ich zur Grundschul-Abschlussfeier, die hier nach der 7. Klasse stattfindet, ihres kleinen Gastbruders und Glory ging mit uns zu einem Hotelpool zum Schwimmen, was wir sehr genossen.

 

In den kommenden Wochen entwickelte sich relativ schnell eine Routine. Da ich um 8 Uhr morgens aus dem Haus gehe und meist erst gegen 17:30 Uhr zurück komme, vergeht die Zeit super schnell, gefühlt wochenweise von Wochenende zu Wochenende, an denen sich auch die meiste Freizeit abspielt. Dort besuchen uns zum Beispiel gegenseitig, besuchen Schulveranstaltungen unserer Gastgeschwister, oder probieren Restauranttipps aus unseren Reiseführern aus (die Pizza bei Leone L’Africano muss man probieren, wenn man in Dodoma ist). Nach der Arbeit erkunden Fieke und ich manchmal etwas die kleine Innenstadt, doch da es schon um 19 Uhr dunkel wird, bleibt nicht so viel Zeit für Unternehmungen nach der Arbeit.
Zuhause herrscht ein reges Kommen und Gehen von Kindern, Enkeln, Cousins und anderen Familienmitgliedern. Viele der Kinder bleiben für zwei Wochen während der Ferien, andere nur für ein paar Nächte und sind dann schon wieder weg. Glory scheint zum Glück erst einmal zu bleiben. Für ihre Hilfe bin ich wirklich sehr dankbar.
Bei der Arbeit gingen wir immer öfter mit ins „field“ in verschiedene Stadtbezirke zu Treffen mit Freiwilligen/CCWs, der Bezirksverwaltung oder „care givers“, Vormünder der Kinder in den betroffenen Familien. Leerläufe im Büro stören uns nicht weiter, weil wir die Zeit gut zum Kiswahili lernen nutzen können und in der Mittagspause besuchen wir häufig den Obsthändler um die Ecke, bei dem wir mittlerweile Stammkunden sind.
In den letzten zwei Wochen hat unser Kollege Chris uns Project Proposal schreiben beigebracht. Project Proposals sind sozusagen Bewerbungen um Spendengelder von Geldgebern, die Projekte zu einer bestimmten Thematik unterstützen wollen. Das konkrete Projekt, mit dem sich beworben wird, wird von den Bewerbern entwickelt.
Zwei Mal begleiteten wir unsere Kollegin Upendo zu Economic Strengthening Trainings, wo Frauengruppen über Geldmanagement berichtet wird und ihnen gezeigt wird, wie man zum Beispiel Flüssigseife, Erdnusssnacks, oder Batiktücher selbst machen kann um eine neue Einnahmequelle zu generieren. Die Frauengruppen haben Fieke und mich sehr offen aufgenommen und es hat Spaß gemacht bei den Aktionen selbst mit anzupacken.
Außerdem besuchten wir mit unserer Kollegin Eliza das erste Mal betroffene Familien in ihren Häusern auf dem Dorf. Das war für mich persönlich ein sehr prägendes Erlebnis, weil ich erstmals das Gefühl hatte, dass klischeehafte Afrikabilder von ärmlichen Lehmhütten in der Savanne, die so viele Menschen vor Augen haben, wenn sie Afrika hören, teilweise erfüllt wurden. Auch die Überweisung einer Aids-kranken Frau ins Krankenhaus war erschreckend. Diese Krankheit, über die so viel gesprochen wird und dabei trotzdem so abstrakt bleibt, wurde das erste Mal für mich sichtbar. Solche Erlebnisse lassen mich sehr dankbar werden für die Privilegien, die ich nicht nur in Deutschland genieße, sondern auch hier in meiner tansanischen Gastfamilie.

 

Dieser erste aufregende und sehr lehrreiche Monat in Dodoma verging wie im Flug. Ich habe das Gefühl langsam immer mehr anzukommen und mich einzuleben. Doch vollkommen zur Normalität ist der Alltag hier noch nicht für mich geworden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Saft trinken mit meiner Mitfreiwilligen Fieke und meiner Gastschwester Glory

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das erste Mal Wäsche waschen. Mittlerweile ist es zur Routine geworden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei einem Economic Strengthening Training wird einer Frauengruppe gezeigt, wie sie Seife selbst machen können um sie zu verkaufen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein typisches Abendessen zuhause. Es gibt Reis mit Bohnen und grünem Gemüse, einen Smoothie und Wassermelone zum Nachtisch.

Von links nach rechts: Fides, die zweitälteste Enkelin, Philemon, mein vierjähriger Gastbruder, Helena, das Hausmädchen, Ich und Glory, die jüngste Tochter. Bibi isst oft auf dem Sofa.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei der Pizzeria Leone L'Africano haben Fieke und ich eine grüne Oase mit super leckerer Pizza gefunden. Im Hintergrund sieht man den Lions-Rock. Er sieht sehr einladend zum besteigen aus, das darf man aber leider nicht, seit der Premierminister sein Haus darauf gebaut hat.

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